Forderungspaket für die anstehenden Tarifverhandlungen beschlossen
Unser Forderungspakt beruht auf einer bundesweit angelegten Mitgliederbefragung, welche wir in den vergangenen Wochen durchgeführt haben. Wir konnten aus der Befragung ein sehr gutes Bild bekommen, wie die aktuelle Situation der Beschäftigten in den Schornsteinfegerbetrieben derzeit aussieht und was wir mit einem neuen Tarifvertrag in Zukunft verändern wollen.
Im Fokus der Forderungen bei den Kolleginnen und Kollegen steht ganz klar eine Lohnerhöhung. Viele haben dabei bereits erkannt, dass eine Lohnerhöhung nicht nur für uns Beschäftigte wichtig ist. Unser gesamter Berufsstand profitiert davon, höhere Löhne zu bezahlen. Wir steigern unsere Attraktivität für Schulabgängerinnen / Schulabgänger und alle diejenigen, die sich gerade in einer Berufsorientierungsphase befinden. Wir benötigen die Fachkräfte, um unsere Zukunft zu sichern. Daher müssen wir gemeinsam darauf achten, dass der Lohnunterschied zu anderen Berufen nicht noch größer wird, als er ohnehin schon ist. Auch den Wunsch nach mehr Freizeit bzw. einer freizeit- und familienfreundlichen Arbeitszeitgestaltung haben sehr viele unserer Kolleginnen und Kollegen im Rahmen der Mitgliederbefragung geäußert. Immer mehr wollen sich zwar weiterhin genauso engagiert in ihrem Betrieb einsetzen wie bisher, wollen dies aber deutlich besser im Einklang mit ihrem Privatleben gestalten. Zu guter Letzt haben sich viele dafür ausgesprochen, dass in unserem Handwerk die Qualifikation im Vordergrund der Bezahlung stehen muss. Das betrifft zum einen die Jungmeister, die nach Bestehen ihrer Meisterprüfung die Entlohnung eines Meisters verdient haben und nicht zurückstecken wollen, bis vier Berufsjahre verstrichen sind. Und es betrifft all diejenigen Kolleginnen und Kollegen, die sich in verschiedenen Gebieten weitergebildet und qualifiziert haben, jedoch in den Betrieben nicht entsprechend ihrer Qualifikation eingesetzt werden.
Der ZDS hat sich intensiv mit der Auswertung der Mitgliederbefragung beschäftigt und die Kernpunkte herausgearbeitet. Als Ergebnis dessen hat der erweiterte Zentralverbandsvorstand in seiner Sitzung am 11. September 2020 das beigefügte Forderungspakt für die Tarifrunde 2020 beschlossen. Dieses werden wir im Laufe der Woche an den Zentralinnungsverband (ZIV) übermitteln und hoffen, dass die Arbeitgebervertreter unsere Forderungen zum Wohle unseres Handwerks anerkennen und demnach einen neuen Bundestarifvertrag mit uns unterzeichnen.
Forderungspaket – Tarifrunde 2020
(Beschlossen: 11. September 2020)
1. Die Laufzeit des kommenden Bundestarifvertrages für das Schornsteinfegerhandwerk wird auf ein Jahr begrenzt:
Der Bundestarifvertrag für das Schornsteinfegerhandwerk (BTV) 2021 soll eine Laufzeit von maximal einem Jahr haben. So haben die Tarifvertragsparteien im Schornsteinfegerhandwerk die Möglichkeit, die Entwicklungen der kommenden Monate, auch vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie, zu beobachten. Die Tarifvertragsparteien bleiben bei der Gestaltung der tarifvertraglichen Regelungen flexibel genug, um nach einem Jahr auf äußere und handwerksinterne Umstände reagieren zu können.
2. Wir fordern eine Erhöhung des Bruttostundenlohnes um 6,5 %:
Wir sind stolz darauf, Schornsteinfeger zu sein. Dies soll auch in Zukunft so bleiben! Die Attraktivität unseres Berufes spiegelt sich im Lohnniveau wider. Daher braucht es mit dem BTV ab 2021 dringend eine Lohnerhöhung. Mit unserer Lohnforderung in Höhe von 6,5 % liegen wir im normalen Bereich der Lohnforderungen auch anderer Gewerkschaften. Wenn es darum geht, Fachkräfte zu finden, können wir als Schornsteinfegerhandwerk zwar nicht mit anderen Berufen, wie z. B. im Bereich der Industrie oder des Finanzwesens mithalten. Aber wir können dafür Sorge tragen, dass die Schere der Entlohnung für Fachkräfte nicht weiter auseinanderklafft.
Wir wollen gemeinsam in die Zukunft blicken: Im Bundesdurchschnitt benötigt das Schornsteinfegerhandwerk dringend Fachkräfte. Allein schon deswegen, um unsere jetzige Struktur aufrechterhalten zu können. Doch wir wollen nicht nur irgendwelche Fachkräfte. Wir wollen diejenigen, die dazu bereit und in der Lage sind, unseren Beruf zukunftsfähig zu gestalten. Gerade in Zeiten der Energiewende, des Klimaschutzes und der Digitalisierung wollen wir unseren Beruf weiterentwickeln, statt zu stagnieren. Wir wollen von den Veränderungen partizipieren, statt uns mit einfacheren Arbeiten auf einen niedrigeren Stand zu bringen. Höhere Löhne sorgen dafür, dass unser Beruf attraktiver wird für noch bessere und motivierte Fachkräfte.
3. Wir fordern eine Änderung der Definition in Tarifgruppe III:
In Absatz a) wird „… ab dem 4. Gesellenjahr“ gestrichen.
Wer die Qualifikation des Schornsteinfegermeisters besitzt, muss danach entlohnt werden. In der heutigen Zeit ist es nicht vermittelbar, Fachkräfte unterhalb ihrer Qualifikation zu entlohnen. In unserem Handwerk benötigen wir nicht nur dringend Fachkräfte im Allgemeinen. Wir benötigen vor allem Fachkräfte mit Meisterbrief, allein deswegen schon, um die freiwerdenden Bezirke der kommenden Jahre besetzen zu können.
Mit dem Absolvieren der Meisterprüfung beweist der Schornsteinfeger, dass er die fachliche Qualifikation zum Führen des Meistertitels im Schornsteinfegerhandwerk besitzt. Weiterhin wird dem Schornsteinfegermeister persönliches Engagement, Ehrgeiz und meisterliches Verhalten zugeschrieben. Alle diese Fähigkeiten und Kenntnisse müssen sich im Bruttoarbeitslohn des Schornsteinfegermeisters direkt und nicht erst nach vier Berufsjahren niederschlagen.
4. Wir fordern eine Änderung der Definition in Tarifgruppe V:
Absatz 1. wird wie folgt geändert:
„Arbeitnehmer/innen der Tarifgruppe IV a,
a) sofern sie die Qualifikation als Gebäudeenergieberater gemäß § 88 Gebäudeenergiegesetz (GEG) haben oder
b) die selbständige Organisation von Tätigkeiten weiterer Mitarbeiter oder selbständige Abwicklung von Aufträgen im Betrieb erledigen.“
Absatz 2. wird wie folgt geändert:
„Arbeitnehmer/innen der Lohngruppe IV a,
a) sofern sie eine berufsbezogene Fortbildung mit mind. 200 Unterrichtseinheiten und einer qualifizierten Prüfung vorweisen oder
b) die selbständige Organisation von Tätigkeiten weiterer Mitarbeiter oder selbständige Abwicklung von Aufträgen im Betrieb erledigen.“
Wer hochwertige Qualifikationen besitzt, muss danach entlohnt werden, egal ob die Qualifikation vom jeweiligen Betrieb genutzt wird oder nicht. Ausschlaggebend für die Höhe der Entlohnung ist immer die vom Arbeitnehmer mitgebrachte Qualifikation und nicht die willkürliche Entscheidung des Arbeitgebers, ob die vorhandene Qualifikation auch Anwendung im Betrieb finden wird.
Allein für die Weiterentwicklung unseres Berufes ist es unbedingt notwendig, dass Fort- und Weiterbildung bereits bei den Mitarbeitern beginnt. Um Anreize zu schaffen und gut ausgebildete Fachkräfte halten zu können, muss die jeweilige Qualifikation des Arbeitnehmers bei der Entlohnung zwingend berücksichtigt werden. In der heutigen Zeit ist es nicht vermittelbar, Fachkräfte unterhalb ihrer Qualifikation zu entlohnen.
5. Wir fordern ein Recht auf flexible Arbeitszeit:
Das Recht auf flexible Arbeitszeiten verschafft unserem Beruf eine besondere Attraktivität. Bei der Suche nach Fachkräften hilft uns diese positive Darstellung unseres Berufes ungemein. Gerade jüngeren Menschen ist es immer wichtiger, ihre eigene Work-Life-Balance zu leben. Ein intaktes Zusammenspiel aus Beruf, Freizeit und Familie sorgt dabei für eine deutliche Steigerung der Zufriedenheit bei den Mitarbeitern und erhöht die Effizienz am Arbeitsplatz. Für junge Leute, die gerade auf der Suche nach ihrer beruflichen Perspektive sind, spielt so eine Eigenschaft im Berufsbild eine sehr große Rolle.
Auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf kann durch das Recht auf flexible Arbeitszeiten umgesetzt werden. Gerade bei jungen Eltern oder Alleinerziehenden ist eine den Arbeitgeber verpflichtende flexible Arbeitszeitgestaltung ein weiterer Anreiz, unserem Handwerk weiterhin als Fachkraft voll zur Verfügung zu stehen.