Willkür bei der Kehrbezirkseinteilung in unserer Hauptstadt
Dass Bezirke eingeteilt werden müssen, ist nichts Neues. Schon immer prüfte die zuständige Behörde, meist auf Landesebene, ob sich die Größe von Bezirken geändert hat und daraus eine Verschiebung von Kehrbezirksgrenzen notwendig wird. Meist musste bei den Bezirken das Arbeitsvolumen, welches im ländlichen Raum zugenommen hat, in den städtischen Bereich verschoben werden, um den dortigen Wegfall an Tätigkeiten zu kompensieren.
Seit dem Wegfall des Monopols ist auch die regelmäßige Überprüfung von Kehrbezirksgrößen und deren Einteilung durch die Behörde weggefallen. Denn seit der Liberalisierung weiß niemand so genau, nach welchen Kriterien ein Bezirk heute noch eingeteilt werden kann. Die Arbeitswerte (AW) gelten seit dem Inkrafttreten des Schornsteinfeger-Handwerksgesetzes (SchfHwG) nur noch für den hoheitlichen Bereich eines Bezirkes und geben keinen Aufschluss mehr darüber, wie groß ein Bezirk in Gänze ist. Auch die Anzahl von Gebäuden, Einwohnern oder Feuerstätten ist, wenn überhaupt, dann nur eine vage Einteilungsgröße. Die Frage, die sich zudem stellt, ist, ob die Behörde überhaupt Arbeitsvolumen verschieben muss, und wenn ja, aus welchem Grund. Denn für die Auskömmlichkeit des bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers ist die Behörde schon lange nicht mehr zuständig. Zwar bedeuten mehr Arbeitswerte im hoheitlichen Bereich meist automatisch auch mehr Umsatz, welcher der Schornsteinfegerbetrieb in dem Bezirk erwirtschaften kann. Jedoch sollte das nicht der Grund für die Behörde sein, Bezirke einzuteilen. Wenn es einen Grund gäbe, überhaupt Bezirksgrenzen zu verändern und Arbeitsvolumen zu verschieben, dann wäre dies die Sicherstellung der Betriebs- und Brandsicherheit.
Doch nach diesem Kriterium müssten die Bezirke sogar klein gehalten werden. So hätte der zuständige Bevollmächtigte mehr Zeit für die Feuerstättenschau, Bauabnahmen und die Verwaltung des Bezirkes im Allgemeinen.
Eine ganz besondere Situation zeigt sich in diesem Zusammenhang gerade im Bundesland Berlin. Dort werden seit geraumer Zeit überdurchschnittlich viele Bezirke aufgelöst, sogar ohne eine vorherige Ausschreibung des Bezirkes, auf den sich ein potenzieller Kandidat bewerben könnte. Auch auf Prüfungen dahingehend, ob vielleicht nur die Verschiebung von Kehrbezirksgrenzen besser wäre, wird in Berlin verzichtet. Alleine in den letzten 6 Jahren wurden in dem Bundesland 10 Bezirke aufgelöst. Nach welchen Kriterien dies geschah und ob eine Auflösung überhaupt gerechtfertigt war, weiß niemand. Es scheint, dass Berlin ein willkürliches System vorgibt, ob und wie Bezirke bestehen bleiben dürfen oder eben nicht.
Der Obermeister der Berliner Schornsteinfeger-Innung hat in Gesprächen mehrmals betont, dass alle frei werdenden Kehrbezirke in Berlin, auf die es keine Wiederbewerber gibt, aufgelöst werden müssen. Doch ist das die alleinige Entscheidung des Obermeisters? Klar, wenn man möglichst viele Bezirke auflöst, sichert das den umliegenden Berliner Bezirken erst einmal mehr Arbeitswerte im hoheitlichen Bereich und somit einen höheren Umsatz, welcher erwirtschaftet werden kann. Doch ist das das Ziel? Dass Bezirke so lange aufgelöst werden, bis die umliegenden Bezirke so „fett“ sind, dass es vorerst einmal reicht, den Schwund an Tätigkeiten auszugleichen? Fraglich bleibt in diesem Zusammenhang, wie lange diese Taktik funktioniert. Etwa bis es nur noch eine Handvoll Bezirke in Berlin geben wird? Denn eine dauerhafte Lösung, den Wegfall von Tätigkeiten zu kompensieren, ist diese Taktik wahrlich nicht.
Genauso fraglich ist übrigens auch die Art und Weise, wie die Auflösungen zustande kommen. Normalerweise haben die Arbeitnehmer im Schornsteinfegerhandwerk ein genauso begründetes Interesse, wie viele Bezirke erhalten bzw. eingeteilt werden, wie die Arbeitgeber. In allen anderen Bundesländern, in denen es bereits Bezirksauflösungen gab, wurden deshalb von der Behörde immer die beiden Verbände bei dem Prozess der Bezirkseinteilung beteiligt. In Berlin scheint dies nicht wichtig zu sein. Zwar hat die zuständige Senatsverwaltung sowohl die Innung als auch den ZDS zu Gesprächen eingeladen. Jedoch wurde der ZDS-Vertreter vom Obermeister und dessen Stellvertreter regelrecht hinausgeworfen. Die Senatsverwaltung konnte sich dem Ansturm der Innungsfunktionäre nicht entgegenstellen, da das Gespräch im Innungsgebäude stattfand und dort von dem Hausrecht gebraucht gemacht wurde. Scheinbar hat die Innung keine Lust, dass ein Arbeitnehmervertreter dabei zusieht, mit welchen Machenschaften Berliner Bezirke aufgelöst werden. Der ZDS Berlin hat sich nun an die Politik gewandt. Die Forderung: Es soll für Berlin eine Einteilungsverordnung für Kehrbezirke und die Einführung einer Kehrbuchrichtlinie geben. Da die Senatsverwaltung zusammen mit der Berliner Innung nach Willkür handelt, muss der Gesetzgeber Regeln erlassen, an die sich alle halten müssen.