Endlich wieder gemeinsam!
Am Geburtsort starker Gewerkschaften – auf dem Gelände der Zeche und Kokerei Zollverein in Essen – fand vom 24. bis zum 26. Juni der 41. Zentralverbandstag des ZDS statt. Die einst größte Zeche der Welt gehört seit 2001 zum UNESCO-Weltkulturerbe. Seit ihrer Stilllegung im Jahr 1986 haben sich die Stadt Essen und die Region unentwegt verändert und zu einem modernen Industriestandort gewandelt. Einerseits die große Vergangenheit für Gewerkschaften in Deutschland und andererseits der modernisierende Wandel: Das OKTOGON vereint beide Elemente und war damit der perfekte Veranstaltungsort für eine ereignisreiche Delegiertentagung des ZDS.
Nach vier Jahren konnten erstmals wieder alle Delegierten persönlich am Zentralverbandstag teilnehmen. Viele Kolleg/innen hatten sich lange nicht gesehen, manche noch nie, kannten sich nur dem Namen nach. In Essen schufen alle nachhaltig Abhilfe: Bereits von Donnerstag an wurde getagt, beraten, verhandelt, abgestimmt und beschlossen – gefühlt rund um die Uhr.
Schon die erste Sitzung am Donnerstag, die 944. Zentralverbandsvorstandssitzung, hatte thematischen Zündstoff zu bewältigen. Auf der Tagesordnung stand das Forderungspaket für die Tarifverhandlungen im Herbst, welches am Freitag dem erweiterten Zentralverbandsvorstand (einschließlich der Bezirksgruppenvorsitzenden) vorgestellt und anschließend beschlossen wurde. Verhandelt wurden auch die Forderungen zum AKS-Tarifvertrag. Hannes Martens, Regionalsekretär des RV Nord, stellte die Kampagne Zeit zählt vor, welche von Juli an bis September in den Social-Media-Kanälen des ZDS für die Definition und Erfassung von Arbeitszeit sensibilisieren möchte.
Die freudigen Nachrichten dieses Tages eine Stabsstelle Kommunikationsmanagement beim ZV wurde eingerichtet und besetzt. Abschließend wurden die letzten organisatorischen Fragen für die Fachtagungen am Freitag geklärt und der Zentralverbandstag vorbereitet.
Ebenfalls am Donnerstagabend tagte der erweiterte Regionalverbandsvorstand Mitte. Hier legte Regionalsekretär Norman Wegert sein Amt nieder. Justus Schrader kandidierte für die Nachfolge. Er wurde einstimmig als neuer Regionalsekretär gewählt.
Freitag, Tagungstag: Die Teilnehmenden an den Fachtagungen der Bereiche Technik und Bildung, Finanzen und Verwaltung sowie Vorstand informierten sich jeweils zu Beginn anhand der Geschäftsberichte über die Entwicklung aller drei Bereiche innerhalb der vergangenen zwei Jahre.
Weniger kann mehr sein: Die Tagung Technik und Bildung verzichtete bewusst auf den Einsatz strombetriebener Präsentationstechnik wie beispielsweise Beamer. Alle Vortragenden nutzten ausschließlich Karteikarten und Flipcharts. Thematisch diskutierten sie über Landesklimaschutzgesetze, Brandschutz, Arbeitsschutz und das Berufsbild des Schornsteinfegers.
An der Tagung Finanzen und Verwaltung nahmen erfreulich viele Frauen teil: zum ersten Mal die Hälfte der Teilnehmenden. Diese Tagung hatte nicht nur den größten Anteil an Frauen, sie war auch die agilste. Für eine Gruppenarbeit verteilten sich die Teilnehmenden im gesamten Gebäude. Und: Während andere Vortragende am Ende der Berichte eine kurze Zeit für Fragen ermöglichten, war in dieser Tagung ein ganzer Tagungsblock von einer Stunde allein für die Fragen an RV-Kassierer reserviert. Schwerpunktthemen der Tagung waren zudem die Vielfalt der Aufgaben, mit denen sich die Abteilung befasst, und die Ermittlung von Eigenkapital.
Die Tagung des Bereiches Vorstand war die spendabelste. Innerhalb weniger Minuten sammelte Miriam Redemund, Landesvorsitzende Mecklenburg-Vorpommern und Hirtin der sogenannten Schweinekasse (einer Kasse, in die Teilnehmende für Fehlverhalten, Zuspätkommen, Ein- und Ausstände etc. einzahlen), so viel Geld ein wie noch nie zu Beginn einer Sitzung. Grund dafür waren zahlreiche Ein- und Ausstände. Ihr Initiativantrag, 500 Euro aus der Kasse an die Glückstour zu spenden, wurde sofort und diskussionslos einstimmig angenommen. Das Geld überreichte Daniel Fürst auf der Festveranstaltung an Ralf Heibrok (Vorsitzender) und Stephan Lander (Stellvertreter) von der Glückstour.
Ernstere Themen folgten: Der erweiterte ZV beschloss das Forderungspaket für die Tarifverhandlungen, die im Herbst dieses Jahres beginnen werden. Kritisch begutachtete man die Entwicklung der Mitgliederzahlen der letzten Jahre. Zukünftig wird sich der ZDS beweisen müssen als eine Gewerkschaft im Spannungsfeld zwischen der Suche nach Auszubildenden, dem Wandel des Berufsbildes und der Besetzung offener Kehrbezirke. Das Referat Presse und Öffentlichkeit informierte über Umfang, Aufgaben und Reichweite der Kanäle des ZDS in den soziale Medien und deren größten Erfolg: Das Video der Imagekampagne Oben Mitspielen wurde über 238.000-mal aufgerufen.
Samstag, Festveranstaltung: Michael Tilch, Regionalsekretär des gastgebenden Regionalverbandes West, eröffnete am Sonnabend die Festveranstaltung im OKTOGON und begrüßte die Gäste. Darunter waren die 1. Bürgermeisterin von Essen, Julia Jacob, der Wasserstoffbeauftragte der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag, Andreas Rimkus, Carsten Burkhardt, Bundesvorstandsmitglied der IG BAU, Andreas Peeters, stellvertretender Bundesinnungsmeister und Landesinnungsmeister von Nordrhein-Westfalen, Ralf Heibrok, Vorsitzender der Glückstour, und sein Stellvertreter Stephan Lander sowie Frank Weber, ehemaliger 1. Vorsitzender des ZDS.
Alle Reden und Grußworte waren hauptsächlich geprägt von den Auswirkungen der Corona-Pandemie, der Klimakrise und des Krieges gegen die Ukraine. Und doch setzte jeder Einzelne ganz andere Schwerpunkte. Daniel Fürst, 1. Vorsitzender des ZDS, beschrieb die Chancen für das Handwerk, den notwendigen Wandel des Berufsbildes und den Bedarf an Nachwuchs. Er betonte die große Kraft, die man dafür brauchen wird. Sorgen müsse man sich jedoch nicht, denn die Schornsteinfeger hätten bereits jetzt dafür das technische Wissen und außerdem lehre die Erfahrung: Zusammen sind wir stark. Stark genug.
Julia Jacob, Essens 1. Bürgermeisterin, zog Parallelen von der aktuellen Situation zum großen Wandel in Essen seit Mitte der 1980er-Jahre, als die Region wirtschaftlich sillgelegt wurde und sich neu erfinden musste. Sie zeigte in den Erfolgen der Region eine Perspektive für die Krisen.
MdB Andreas Rimkus plädierte engagiert für einen zukunftsträchtigen Mix verschiedener alternativer Wärmeenergieträger/Wärmeenergiegewinnung.
IG Bau-Vorstand Carsten Burkhart hielt eine energische Rede über die Aufgaben, Ziele und Vorgehensweisen, die auf Gewerkschaften in der jetzigen und nächsten Zeit warten werden. Solidarität sei gefragt. Sie sei – bei allem Kampf – die Zärtlichkeit der Gewerkschaft. Landesinnungsmeister Andreas Peeters nutzte in seinem Grußwort die Gelegenheit, auf die Herausforderungen hinzuweisen, die aufgrund der aktuellen Situation auf das Schornsteinfegerhandwerk zukommen werden.
Anschließend war es an der Zeit, Abschied zu nehmen, reichlich Abschied: Zentralverbandsvorstand Julian Schwark verabschiedete sich vom ZDS mit einer emotionalen Rede. Die Regionalsekretäre Henry Vinke, Tim Ratajczak, Mathias Kazek und Sascha Schweizer konnten endlich offiziell und in einem gebührenden Rahmen verabschiedet werden. Auf dem vergangenen ZV-Tag war das aufgrund der Corona-Pandemie leider nicht möglich gewesen.
Aus dem erweiterten Zentralverbandsvorstand wurden Mathes Ledtje, Maximilian Schröder, Philipp Fleuti und Josephine Villmann sowie als Revisionsobfrau Susan Radczewswke verabschiedet. Daniel Fürst bedankte sich recht herzlich bei den ehemaligen Bezirksgruppenvorsitzenden Stephan Bartels, Jessica Hoffmeyer, Corinna Kussau, Nadine Kirsten und Konstantin Bauer für ihre Arbeit in den Gliederungen. Zum Dank an alle und zum Abschluss der Festveranstaltung sang der Knappenchor Consolidation alle Strophen des Steigerliedes. Alle Teilnehmenden standen auf und sangen mit.
Delegiertentagung
Die Delegiertentagung des Zentralverbandstages im OKTOGON begann pünktlich. Nachdem Geschäftsordnung und Tagesordnung sowie das Beschluss- und Wahlprotokoll des vergangenen 40. Zentralverbandstages genehmigt waren, berichtete der Vorstand des ZDS ausführlich über die Entwicklungen der vergangenen zwei Jahre in den Abteilungen Vorsitz (Daniel Fürst), Finanzen und Verwaltung (David Villmann) sowie Technik und Bildung (Julian Schwark). Das erfrischende und abwechslungsreiche Format überraschte. Jeder der drei berichtete immer nur wenige Minuten über ein Thema in seinem Bereich und übergab das Wort dann wieder an einen anderen Vorstand.
Nachdem der Bericht der Revisionskommission die Richtigkeit aller Geschäftsvorgänge bestätigt hatte, konnte der Zentralverbandsvorstand entlastet werden. Und dann begannen die Wahlen. Die letzte der vier Wahlen war einzigartig in der Geschichte der Zentralverbandstage. Doch zuerst wurde Norman Wegert in einer geheimen Wahl mit einer überwältigenden Mehrheit von 91 Jastimmen, keinen Neinstimmen und drei Enthaltungen zum neuen Vorstand Technik/Bildung gewählt.
Der Zentralverbandsvorstand schlug den Kollegen Kai Mehrstedt als Obmann der Revisionskommission vor. Es gab keine weiteren Vorschläge. Zudem wurden keine Bedenken gegen eine offene Wahl geäußert. Kai Mehrstedt wurde einstimmig zum Obmann der Revisionskommission gewählt.
Als Beisitzer schlug der Zentralverbandsvorstand die Kolleg/innen Anna Lesch und Nico Weffers vor. Auch sie wurden in einer offenen Wahl einstimmig zum Beisitzer gewählt.
Schlichtungskommission
Fatih Karatas wurde als Obmann der Schlichtungskommission vorgeschlagen und einstimmig zum Obmann des Schlichtungsausschusses gewählt.
Die Kolleg/innen Anna-Lena Brooren, Julia Klein, Wilko Müller und Andreas Keim wurden einstimmig als Beisitzer gewählt.
Das Beste zum Schluss: Erstmalig wurde auf einem Zentralverbandstag um den Austragungsort für den nächsten ZV-Tag in zwei Jahren gestritten. Hannover und Leipzig hatten sich beworben, im Podcast Am Kaminfeuer bereits Werbung gemacht und auch hinter den Kulissen bereits um Stimmen geworben. Beide Städte präsentierten Werbevideos und die Regionalsekretäre Justus Schrader (RV Mitte) und Daniel Schneidhuber (RV Südost) hielten flammende Reden. Dann wurde abgestimmt: Mit knapper Mehrheit entschied Leipzig das Rennen für sich.
Partnerprogramm
Parallel zur Delegiertentagung fand das Partnerprogramm für Aussteller, Geschäfts- und Kooperationspartner statt. Die Gäste wurden in die Geschichte der einst weltgrößten Zeche entführt.
Party-Night
So ereignisreich, wie der 41. Zentralverbandstag des ZDS war, so ereignisreich ging er auch mit der Party-Night zu Ende. Nur so viel soll verraten werden: Borderline aus Weimar spielte bis in die frühen Morgenstunden. Wie zu sehen und zu hören war, wurde wild und ausgelassen gesungen und getanzt.
An dieser Stelle vielen Dank an alle Vorbereitenden, Beteiligten, Organisierenden, Verantwortlichen, Aussteller, Gästen und Delegierten für die Vorbereitung und Durchführung des 41. Zentralverbandstages in Essen.
Das war gemeinsam!
Das war stark!
Glück auf!
Und: Auf Wiedersehen in Leipzig 2024!